Ein Ort kirchlichen Lebens im Berliner Südwesten
Herr T. arbeitet als Pfleger und hat Schulden. Nachdem er seiner Frau seinen Kokainkonsum „gebeichtet“ und sie mit Trennung gedroht hat, kommt er regel-mäßig zu Beratungsgesprächen in unsere Suchtberatungsstelle und besucht die von uns wöchentlich angebotene Orientierungsgruppe. Seit einigen Monaten ist er clean. Er will auch seine kleine Tochter nicht verlieren.
Herr P. ist Alkoholiker und unserer Beratungsstelle lange bekannt. Eine stationäre Therapie über ein viertel Jahr im Schwarzwald hatte nur kurz geholfen. Jetzt wird er seit einem Jahr in seiner Wohnung über das Betreute Einzelwohnen (BEW) unterstützt. Seither war er drei Mal zur Entgiftung im Krankenhaus. Er will aufhören zu trinken aber schafft es in seinem Alltag (noch?) nicht.
Frau K. ist verheiratet und hat eine halbwüchsige Tochter; sie ist voll berufstätig. In ihrer Freizeit hatte sie sich immer mehr zurückgezogen, nachdem ihr Mann vor Jahren ihren gestiegenen Alkoholkonsum kritisiert hat. Danach trank sie offen nur noch wenig, aber heimlich… . Nach Führerscheinentzug und stationärer Entgiftung kam sie in unsere Beratungsstelle. Sie lebt jetzt seit einem Jahr abstinent und erhält Unterstützung durch die bei uns angebotene Ambulante Rehabilitation.
Bereits seit 1972 betreibt der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. in Lichterfelde eine Suchtberatungsstelle für die Bezirke Steglitz und Zehlendorf: Die Integrative Suchtberatung „Königsberger 11“.
Von Anfang an wurden auch Angehörige mitberaten – also z.B. Eltern von drogenkonsumierenden Jugendlichen oder Partner und Partnerinnen von Menschen mit einer Alkoholproblematik.
In jedem Jahr werden hier ca. 1200 Menschen beraten und betreut.
Die drei eingangs vorgestellten Menschen werden in den drei Bereichen der Suchtberatungsstelle, die eng miteinander verzahnt sind, betreut:
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Der Bereich „Beratung“:
Hier kommen die meisten Menschen an, die bei uns Rat und Hilfe suchen. Jeder, der zu uns kommt, erhält in einer zieloffenen Beratung mit qualifizierten Sozialarbeitern/ -pädagogen Hilfe, die eigenen Probleme anzugehen und Veränderungen einzuleiten. Ergänzend zur Einzelberatung bieten wir auch Orientierungsgruppen und Seminare für Angehörige an. Ein besonderes Angebot ist die Raucherentwöhnungsgruppe.
Ein wesentlicher Teil der Arbeit besteht in der Vermittlung in Fachkliniken, Tageskliniken und ambulante therapeutische Einrichtungen. Wir vermitteln auch in Selbsthilfegruppen und arbeiten eng mit Krankenhäusern zusammen, die Entgiftungen durchführen.
Wichtig ist uns auch die präventive Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Hier kooperieren wir mit Schulen, dem Job Center, Wohneinrichtungen für Jugendliche und vielen anderen Einrichtungen der Jugendhilfe.
Darüber hinaus besuchen wir Haftanstalten, um dort Menschen mit einer Drogenproblematik Hilfe anzubieten und sie in Therapieeinrichtungen zu vermitteln. -
Der Bereich „Betreutes Einzelwohnen (BEW)“:
In diesem Bereich werden Menschen, die als Folge ihrer Suchterkrankung Schwierigkeiten haben in ihrer eigenen Wohnung selbstständig zu leben, sozialtherapeutisch unterstützt. Die Unterstützung kann über mehrere Jahre gehen. Sie umfasst neben der individuellen Betreuung, die sich an der Problemlage des Einzelnen orientiert, auch vielfältige Gruppenangebote. Wir bieten wöchentlich eine Gesprächsgruppe, eine Kochgruppe und eine Denksportgruppe an. Außerdem macht die „Aktivgruppe“ monatliche Ausflüge, und darüber hinaus finden jährlich als „Events“ das Sommerfest und die Weihnachtsfeier statt.
All diese Aktivitäten helfen den betreuten Menschen aus ihrer oft bereits lange währenden Isolation herauszukommen, Kontakte zu knüpfen und Freunde zu finden. Viele Menschen finden so auch den Weg zu einer dauerhaften Abstinenz. - Der Bereich „Ambulante Therapie“:
In der Ambulanten Therapie, die wir in Kooperation mit der Caritas-Suchtberatungsstelle im Bezirk Mitte durchführen, werden suchtmittelabhängige Menschen, die in der Lage sind in ihrem Alltag abstinent zu leben, therapeutisch begleitet von suchttherapeutisch qualifizierten Sozialpädagogen, Psychologen und Ärzten. Das Therapieangebot, welches bis zu 18 Monate dauert, umfasst eine zwei Mal wöchentlich stattfindende Gruppentherapie und ein in der Regel alle 14 Tage angebotenes therapeutisches Einzelgespräch. Angehörige werden über Bezugsgespräche in den Therapieprozess eingebunden; ergänzt wird die Therapie durch Gruppen zur Rückfallprävention, Nikotinentwöhnung und einem alle drei Monate stattfindenden Intensivwochenende zur Aufarbeitung der eigenen Biographie.
Wir führen die Ambulante Therapie seit 2001 durch und haben die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen darüber den Weg in ein dauerhaft suchtmittelfreies Leben gefunden haben.
Wir waren seit Gründung der Suchtberatungsstelle ein Ort kirchlichen Lebens, an dem Menschen in schwierigen Lebenssituationen eine offene Tür und Hilfe finden.
Seitdem der Pastorale Raum „Berliner Südwesten“ ins Leben gerufen wurde, ist unsere Suchtberatungsstelle mit den sechs Gemeinden in engere Verbindung getreten. Wir nehmen uns nun gegenseitig besser wahr. Als Mitarbeiter der Suchtberatungsstelle freuen wir uns auf ein lebendiges Miteinander und sind offen für die Zusammenarbeit mit den Gemeinden, den Projekten und den Orten kirchlichen Lebens in unserem Pastoralen Raum.
Jens-Peter Zimmermann