Schon seit seiner Jugendzeit hat mein Mann mit einem kleinen Ensemble häufig Gottesdienste in der Klosterkirche Erlenbad, Obersasbach, musikalisch begleitet. Daran hat sich auch seit unserer Hochzeit (in eben jener Klosterkirche) nicht viel geändert und der harte Kern musizierte noch sehr lange in wechselnder kleiner Besetzung zusammen. Trotz unseres Umzugs nach Berlin waren Ostern und Weihnachten feste Termine, an denen im Kloster Erlenbad musiziert wurde, später noch mit unserem Sohn zusammen.
Vor ein paar Jahren war also wieder mal Ostern und wir nach einer siebenstündigen Nachtfahrt am Ostersamstagmorgen in Süddeutschland angekommen. Die Anspielprobe mit dem ebenfalls gebuchten, befreundeten, Trompeter fand direkt nach der Ankunft statt und alles lief bestens – nach Jahren des gemeinsamen Musizierens ist man eben immer noch ein eingespieltes Team!
Man verabredete sich nach der Probe zum Abend „wie immer“. „Wie immer“ bedeutete, dass die Osternacht um 21 Uhr beginnen sollte. Meine Familie wollte rechtzeitig da sein, daher waren wir nach einem gemütlichen Tag mit Oma schon um 20 Uhr an der Kirche.
Uns fiel gleich auf, dass keine Feuerwehr da war, die sich um das Osterfeuer kümmerte, wohl aber schon sehr viele PKWs geparkt hatten. Mit einem etwas lauen Gefühl im Magen betraten wir die (dunkle!) Kirche und hörten schon durch die Tür den Pfarrer und die Antwortgesänge der Gemeinde. Uns blieb das Herz im Hals stecken, es waren noch wenige Minuten zum Gloria, wo Orgel und Trompete feierlich einsetzen sollten. Hatte ich schon erwähnt, dass mein Mann der Organist war? Der Trompeter war übrigens noch nicht da…
Meine beiden Musiker sprinteten auf die Orgelempore, mein Mann warf mit fliegenden Fingern die Orgel an, zerrte ein halb geübtes Musikstück, das er sicherheitshalber in der Tasche hatte, heraus (der Trompeter war ja noch nicht da) und begann punktgenau mit dem Orgelspiel. Wir als Familie kannten das Stück ja in- und auswendig und konnten die zitternden Hände buchstäblich sehen.
Während des Glorias stürmte ein verdutzter Trompeter mit hochrotem Gesicht auf die Empore, spielte später die wenigen restlichen
Stücke mit und wir alle hatten Fragezeichen auf der Stirn. Die Osternacht war für uns dann auch ziemlich kurz und nach 40 Minuten war alles vorbei.
Die Kirchenbesucher hatten nicht viel mitbekommen, nur der Pfarrer war ganz schön ins Schwitzen geraten. Irgendwann im Laufe des Gottesdienstes war ihm klar geworden, dass die Musiker wohl von der falschen Uhrzeit ausgegangen waren. Von da an spielte er auf Zeit, sang alle Strophen von allen anstehenden Liedern, ließ alle Lesungen sehr langsam und weihevoll lesen, weitete die Heiligenlitanei auf gefühlt 150 Heilige aus, (so erzählte er uns später) und hatte damit Glück.
Im Gespräch mit ihm stellte sich heraus, dass die Klosterschwestern in Anbetracht ihres fortgeschrittenen Alters und der in derselben Nacht anstehenden Zeitumstellung den Gottesdienst kurzfristig um eine Stunde vorverlegt hatten. Nur, dass im Internet noch die „wie immer“ Uhrzeit stand, auf die wir uns verlassen hatten.
Ich kann Ihnen sagen, dass das bisher unsere denk- und merkwürdigste Osternacht war.
Haben Sie schöne oder skurrile Ostererlebnisse? Wenn sie mögen, schreiben Sie sie mir, ich würde sie (anonymisiert) gerne auf unserer Webseite veröffentlichen!
Und hier als PDF-Datei zum Ansehen und Ausdrucken: Denkwürdige Ostern